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Nasa-Weltraumspiel

Wie konnte ich dieses Weltraumspiel bei meinen vielen Mond-Recherchen bisher nur übersehen?
Auf unzähligen Seiten im Internet wird dieses Kommunikationsspiel vorgestellt. Selbst Wikipedia ist es einen Eintrag wert.
Demgegenüber sucht man nach einer kritischen Betrachtung zu den technischen und physikalischen Aspekten dieses Spiels im Web vergeblich.

Man mag einwenden, dass bei diesem Kommunikationsspiel nicht die physikalischen und technischen Aspekte im Vordergrund stehen, sondern vielmehr soll mit Hilfe des Spiels eine Situation geschaffen werden, bei der die Spieler beim Interagieren gut zu beobachten sind. Zudem soll am Ende des Spiels ein Vergleich verdeutlichen, dass ein in einer Gruppe erzieltes Resultat in der Regel näher am richtigen Ergebnis liegt als die Resultate der einzelnen Akteure.NASA-Spiel
Doch wie kann eine auf falschen oder unlogische Begründungen beruhende vorgegebene Lösung einen Gruppenerfolg belegen?

Die Herkunft des Spieles ist laut Wikipedia unbekannt, und auch die angeblich für die Lösung verantwortlichen NASA-Experten kennt offenbar niemand.
Der Hinweis auf die Entstehungszeit in den 1960er Jahren, die Aufgabenstellung und die meisten zur Auswahl stehenden Gegenstände lassen auf ein umgeschriebenes Navy-Spiel schließen.

Von den Spielern wird eine streng logische Argumentation in der Diskussion gefordert. Da kann man sich schon fragen, was Fallschirmseide, Rettungsfloß, Kocher, Streichhölzer, Pistolen und ein Magnetkompass überhaupt in einer Mondlandefähre verloren haben?

Der Verweis auf Autoritäten zerstreut offensichtlich bei den meisten Nutzern jeden Zweifel an der Aufgabenstellung und deren vorgegebener Lösung. Anders ist die starke Verbreitung ohne nennenswerte Korrekturen oder Abweichungen kaum zu erklären.

Da das Spiel und die Lösung der Experten wahrscheinlich aus der Zeit kurz vor oder während der bemannten Mondlandungen stammen, wird die entwickelte Lösung sicher auch auf dem technischen Know How dieser Zeit basieren. Ich werde mich daher bei meinen Ausführungen ebenfalls an der tatsächlichen technischen Ausrüstung der Apollo-Astronauten orientieren.

Die von mir angegebenen Verbrauchswerte entnahm ich dem Missions-Report von Apollo 17. Missions-Report von Apollo 17
Technische Angaben zum Raumanzug stammen aus dessen Operationshandbuch. Operationshandbuch Raumanzug

 

Die Spielaufgabe - Scotty, was machen wir nur ohne Beamer?

Der Wortlaut des Spiels variiert geringfügig bei den unterschiedlichen Veröffentlichungen.

Meine Anmerkungen und Ergänzungen zu der Aufgabenstellung

Ich beziehe mich in erster Linie auf den Wikipedia-Text vom 09.05.2011. Nasa-Spiel in Wikipedia
Auf Ergänzendes aus anderen Quellen weise ich gesondert hin.

 

Ein Weltraumschiff hat auf dem Mond eine Bruchlandung gemacht. Eigentlich sollte es auf sein Mutterschiff treffen, das sich 200 Meilen entfernt auf der hellen (der Sonne zugewandten) Seite des Mondes befindet.

Die Bruchlandung hat das Raumschiff völlig zerstört.

 

Beim unkundigen Leser entsteht bei dieser Formulierung schnell der Eindruck, dass sich an dieser Situation während der "Überwindung" der 200 Meilen nichts ändern kann. Gemeint ist aber sicher, dass zum Zeitpunkt der Bruchlandung sowohl am Landeplatz, als auch am Standort des Mutterschiffs die Sonne scheint.
Der für die Astronauten günstigste Fall wäre, wenn am Landeplatz zum Zeitpunkt der Bruchlandung gerade die Sonne aufging, so haben die Astronauten maximal 14 Erdtage Zeit, um das Mutterschiff noch vor dem Sonnenuntergang zu erreichen. Das Letztere kann man indirekt aus der Erklärung zum Kocher schlussfolgern.

Die Überlebenschance für die Mannschaft hängt davon ab, ob die Besatzung das Mutterschiff erreicht.

Es ist also davon auszugehen, dass mindestens 2 Astronauten die gesamte Distanz allein aus eigener Kraft bewältigen müssen.

Die [Spiel-]Teilnehmer sollen die Ausrüstungsgegenstände auswählen, die für die Überwindung der 200 Meilen bis zum Standort ihres Mutterschiffes am wichtigsten sind. Ihre Überlebenschance hängt davon ab, ob sie in diesem Spiel die richtigen Ausrüstungsgegenstände für eine Mondexpedition auswählen können.

[In deutschen Veröffentlichungen wird die Distanz oft mit 300 km abgerundet angegeben.]

Im Wikipedia-Eintrag steht nicht, wie die Astronauten die 200 Meilen (322 km) "überwinden" sollen. In anderen Veröffentlichungen ist vom "langen Marsch" Langer Marsch oder noch konkreter von "zu Fuß" Zu Fu&szuml; die Rede. Es kann bezweifelt werden, ob die Astronauten in ihren Raumanzügen und den laut Liste zur Verfügung stehenden Gegenständen überhaupt eine derartig große Entfernung auf dem Mond zu Fuß bewältigen können.

Die vorgegebene Lösung - von den NASA-Experten

"Die im folgenden dargestellte Musterlösung soll tatsächlich von mehreren Expertenteams der NASA in den 60er-Jahren entwickelt worden sein."

Meine Lösung und meine Erklärungen

Tatsächlich mehrere Expertenteams?
In den 60er-Jahren! - Das würde bedeuten, dass die Experten die Lösung mindestens vor der dritten, wahrscheinlich aber sogar vor der ersten bemannten Mondlandungen entwickelten. Das lässt sich indirekt aus deren Erklärung zum Magnetkompass schließen.

1.

Zwei 100-Pfund-Tanks Sauerstoff
Zum Atmen notwendig.

[In den meisten deutsprachigen Veröffentlichungen werden oft 2 x 50 kg aufgerundet angegeben.]

1.

200 Pfund (90,72 kg) Sauerstoff sollte bei einem Bedarf von etwa 90 g je Stunde und Astronaut bei einer maximal 14 Tage dauernden "Mondwanderung" für drei Astronauten knapp reichen.

 

2.

Fünf Gallonen Wasser
Ersetzt Flüssigkeitsverlust, der durch Schwitzen entsteht

[In den meisten deutsprachigen Veröffentlichungen werden oft 20 Liter aufgerundet angegeben.
Mitunter wird auch gar keine Menge für das Wasser angegeben.
]

2.

Hier liegt das größte Problem für eine erfolgreiche Rettung der Astronauten und damit auch für das Funktionieren des NASA-Weltraumspiels überhaupt.
Für zwei Astronauten sind 20 Liter Wasser zum Trinken für einen 300 km weiten Fußmarsch schon sehr knapp bemessen. Doch der Autor des Spiels und auch die für die Lösung zuständigen NASA-Experten haben nicht den Wasserbedarf für die Kühlung der Astronauten in ihren Raumanzügen berücksichtigt. Und der beträgt etwa 0,7 Liter pro Stunde - für jeden Astronauten. Das bedeutet, dass die Astronauten in dem NASA-Weltraumspiel ohne Hilfe von Außen keine Überlebenschance haben. weiter ...
Doch selbst wenn ihnen Wasser unbegrenzt zur Verfügung stehen würde, gäbe es ein ernstes Transportproblem. weiter ...

 

Bei der vorliegenden Aufgabenstellung des NASA-Spiels ist die Zuordnung weiterer Gegenstände überflüssig und das Spiel damit beendet. Die einzig logische Lösung ist, bei dem havarierte Raumschiff zu bleiben und auf Hilfe vom Mutterschiff zu warten, weil

- die Astronauten mit 20 Liter Wasser nur einen Bruchteil der Distanz allein bewältigen können,
- die Astronauten ohne körperliche Anstrengungen und im Schatten des havarierten Raumschiffs weniger Kühlwasser benötigen und sie damit länger überleben,
- die Astronauten bei ausreichend zur Verfügung stehendem Wasser, dieses nicht transportieren müssen, dafür aber sehr lange beim havarierten Raumschiff überleben können und
- die Suchtrupps wahrscheinlich das viel größere havarierte Raumschiff leichter und eher entdecken als ein paar auf dem Mond umherirrende Astronauten.

Bei dieser - nach meiner Ansicht - besten Lösung überleben wahrscheinlich die Astronauten, doch daran stirbt dieses Kommunikationsspiel als solches.
W
enn dieses NASA-Weltraumspiel, so wie vorgesehen, als Kommunikationsspiel funktionieren soll, werden die Astronauten mit höherer Wahrscheinlichkeit umkommen.

 
3.

Stellar-Atlas
Mondkonstellation
Eines der wichtigsten Mittel, um Richtungen zu bestimmen.

3. (5.)
gehen (warten)

Ja, hilft bei der Orientierung.
4.

Lebensmittelkonzentrat
Täglicher Nahrungsbedarf.

4. (3.)

Sehe ich ebenso.

5.

Mit Sonnenenergie angetriebener UKW-Sender/Empfänger
Notsignal-Sender: vielleicht ist Kommunikation mit dem Mutterschiff möglich.

5. (4.)

Zusammen mit den Leuchtkugeln könnte besonders das Auffinden des Mutterschiffes am Ende der "Reise" erleichtert werden.
Eine Verständigung kann aber auch generell bei Orientierung und Übermittlung von helfenden Hinweisen dienen und sogar motivierend auf die Verunglückten wirken.

6.

Fünfzig Fuß Nylonseil
Nützlich, um Verletzte zu leiten und zum Klettern.

7. / (11.)

So viel Klettergelegenheiten wird es wohl nicht geben, denn die Berge auf dem Mond sehen nicht so aus, wie man es sich zuvor oft vorgestellt hat.
Mein Kriterium: Das Seil ist zur gegenseitigen Sicherung gut zu gebrauchen. Doch bevor ich einen Verletzten mit einem Seil "begleite", würde ich ihn medizinisch versorgen. Daher meine Herabstufung gegenüber dem Erste-Hilfe-Koffer.

7.

Erste-Hilfe-Koffer mit Injektionsnadeln
Wertvolle Tabletten oder Injektionen.

6. (6.)

Mein Kriterium: Die medizinische Versorgung von Verletzten erleichtert auch das Vorankommen mit ihnen oft besser, als es ein Seil je könnte. Daher meine Höherstufung gegenüber dem Seil.

 

8.

Fallschirmseide
Sonnenschutz
[In einigen Veröffentlichungen wir die Größe mit 20 m² angegeben]

8. (9.)

Ja, die kann eventuell den Strom- und Kühlwasserverbrauch vor allem in den "Wanderpausen" etwas senken.

9.
Rettungsfloß

Sich selbst aufblasbares Lebensrettungsfloß
CO2-Flaschen (zum Aufblasen des Floßes) als Antrieb zum Überwinden von Klüften etc.

[Mitunter wird in anderen Veröffentlichungen vorgeschlagen, dass mit dem Floß und dem Seil die Lasten bester transportiert werden können.]

15. (10.)
Hadley Rille

In der Schwerelosigkeit oder auf dem Wasser können CO2-Flaschen durchaus als Antrieb dienen - aber auf dem Mond?
Man stelle sich nur einmal bildlich vor, wie die Astronauten auf CO2-Flaschen sitzend oder gar an diesen hängend über Klüfte etc. schweben. In der durch Action-Filme angeregten Fantasie mag das gelingen, in der Realität gibt es - wenn sich ein Astronaut mit CO2-Flaschen überhaupt abheben würde - im günstigsten Fall blaue Flecken.
Zudem muss man auf dem Mond zu überwindende Klüfte auch erst einmal finden. Seit mehreren Milliarden Jahren gab es auf dem Mond keine tektonischen Bewegungen mehr, dafür aber unzählige große und kleine Einschläge auf der Oberfläche. Da dürfte mittlerweile selbst die tiefste Kluft verschüttet worden sein.
Und das Ziehen des bepackten Floßes über den Mondboden dürften die Astronauten sehr schnell wieder aufgeben (siehe Wasser).
Mein Kriterium: Nutzlos, daher unnötiger Ballast. Einstufung erfolgt nach dem Gewicht.

10.

Signalleuchtkugeln
Notsignal, wenn man in Sichtweite ist.
In anderen Veröffentlichungen wird zusätzlich darauf hingewiesen, dass es sich um spezielle, auch im Vakuum funktionierende Signalkugeln handelt.

9. (8.)

Im Zusammenspiel mit dem UKW-Sender/Empfänger könnten diese durchaus das Auffinden des Mutterschiffs erleichtern.

 

11.

Zwei 0,45 Kal. Pistolen
Mit ihnen könnten Antriebsversuche gemacht werden.

[In anderen Veröffentlichungen wird auch eine Verwendung als Hammer vorgeschlagen.]

13. (12.)

Was kann man auf dem Mond mit Pistolen antreiben? Resignierende Astronauten? Versuchen kann man es.
Welche Antriebe schlummern im Zusammenspiel mit den restlichen 14 Gegenständen? Und lassen diese Antriebe sich auch sinnvoll bei der Rettung nutzen? Antriebsversuche allein sind ja wenig hilfreich.
Und als Hammer könnten auch Steine dienen. Die muss man nicht tragen, denn sie liegen ja überall rum.

Mein Kriterium: Ich vermag keine der Sache dienliche Antriebsmöglichkeit zu erkennen, die sich mit zwei Pistolen und den restlichen 14 Gegenständen konstruieren ließe. Nach meiner Ansicht nutzlos und daher Ballast. Einstufung nach Gewicht
..

12.

Trockenmilch
Nahrung, mit Wasser gemischt trinkbar

10. (7.)

Mein Kriterium: Ich gehe einmal davon aus, dass Wasser in die Trockenmilchverpackung gefüllt werden kann.

13.

Tragbares Heizgerät/Kocher
Nur auf der dunklen Seite notwendig.

[In anderen Veröffentlichungen wird die Verwendung als Sitzgelegenheit erwogen.]

14. (13.)

Ein tragbares Heizgerät oder ein tragbarer Kocher ist auf der dunklen Seite nicht nur zu gebrauchen, sonden sogar notwendig? Wozu? Etwa zum Erwärmen klammer Astronautenhände und kältestarrer Zehen in vereisten Moonboots?
Und denjenigen möchte ich sehen, der bei einem 300-km-Marsch ums Überleben Stühle mitschleppt.
Mein Kriterium: Nutzlos, daher unnötiger Ballast. Einstufung erfolgt nach dem Gewicht.

14.

Magnetkompass
Wahrscheinlich kein polarisiertes Magnetfeld auf dem Mond; daher nutzlos.

12. (14.)

"Wahrscheinlich" ist die Erklärung zur Lösung der NASA-Experten ein indirekter Hinweis auf die Entstehungszeit des Spiels. Dank der bemannten Mondlandungen wissen wir heute, dass es auf dem Mond örtliche Magnetfelder gibt, aber kein globales, das zur Bestimmun der Himmelsrichtung mittels Kompass dienlich währe.
Mein Kriterium: Nutzlos, daher unnötiger Ballast.. Einstufung erfolgt nach dem Gewicht.

15.

Streichhölzer
Wenig bis kein Nutzen auf dem Mond.

11. (15.)

Welchen (wenigen) Nutzen Streichhölzer auf dem Mond haben könnten, wird nirgends erwähnt. Vielleicht als Zeitvertreib zum Knobeln oder zum Ermitteln des nächsten Pechvogels oder Glückspilz?
Mein Kriterium: Nutzlos, daher unnötiger Ballast. Einstufung erfolgt nach dem Gewicht.

Resümee:

Das NASA-Weltraumspiel gibt gewollt eine Spielumgebung vor, die nicht oder nur schwer mit unserer Alltagserfahrung richtig zu beurteilen ist. Wenn dann aber bei der vorgegebenen Lösung doch nur die allgemein bekannten physikalischen Bedingungen auf dem Mond berücksichtigt werden, entspricht die Lösung weniger der Realität als vielmehr der durchschnittlichen Erwartungen der Mitspieler. Eine auf das gewünschte Ergebnis ausgerichtete Lösung kann aber nicht als Beleg für das dann tatsächliche Ergebnis gelten. Zudem wird auch die Chance, mit dem Spiel neue Erkenntnisse zu transportieren, zu wenig genutzt.

Und ein Spiel, das eine logische Argumentation von den Mitspielern fordert, sollte zumindest selbst eine in sich schlüssige Aufgabenstellung bieten und natürlich ebenso eine Lösung mit logisch nachvollziehbaren Erläuterungen.