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Es war einmal ein alter weiser Mann, den man überall nur den Tischlerseppel nannte. Eines Tages flüsterte seine schöne Frau, die Pia, ganz leise in sein Ohr: "Merk auf, mein lieber Gatte, ich möchte dass du mir beweist, dass die Menschen nie auf dem Monde werden wandeln können. Wenn du den Beweis nicht schaffst, werde ich dich verlassen."

Und der weise Mann hob an zu denken, zeichnete und rechnete viele Tage und Nächte und zog fragend durch die Lande auf der Suche nach dem endgültigen und sicheren Beweise. Ja, er sprach sogar zu den wilden, barbarischen Menschen aus dem benachbarten Königreiche im Norden, doch diese unwissenden Barbaren konnten ihm noch am wenigsten helfen. "Wer weiß es, wer weiß es?" rief er, denn ihm fehlte nur ein winziges Stückchen für den letztendlichen Beweis. Und er fragte auch den geheimnisvollen Drehorgelspieler: "Wer weiß es, wer weiß es?", doch der schimpfe nur und schlug auf seinen Affen, dass es dem Tischlerseppel ganz weh ums Herz wurde, als ob er selbst gezüchtigt würde.

Und wie er so daherzog auf der Suche nach dem letzten Beweis, da geriet er in die Gesellschaft einer lustigen, doch sehr wilden Bande von vier Wegelagerern. Gimmemore nannte sich der wildeste von Ihnen, Ulrich hieß der gemeinste, Daniel nannte sich der verschlagenste und Sublimatus wurde der grausamste von ihnen genannt.

Die Nacht war schon lange angebrochen, und dem Tischlerseppel blieb nichts anderes übrig, als in Gesellschaft dieser wilden Bande in einer heruntergekommenen Herberge zu nächtigen. Er war zu müde vom Umherziehen und immerwährenden Fragen: "Wer weiß es, wer weiß es?", dass er alsbald auf sein Heulager sank und einschlief.

Und im Traum erschien ihm die gute Fee Hypia, schwang ihren Zauberstab und sprach: "Tischlerseppel, für deine Mühe seien dir drei Wünsche gewährt. Sage sie mir und ich will sie dir erfüllen!"

Glücklich fing der Tischlerseppel an: "Also zuerst einmal brauche ich eine neue Axt für die Arbeit im Walde."

"Dein Wunsch sei erfüllt." sprach die Fee. "Wenn du aufwachst, wirst du die neue Axt neben deinem Lager finden." Sie schwang Ihren Zauberstab und mit leisem Klingeln schwebte glitzernder bunter Sternenstaub durch die Luft, wie Schnee auf die Berge fällt oder Puderzucker auf einen frischen Gugelhupf, nur viel bunter, in den unterschiedlichsten Farben, und wunderschön anzusehen. Und als der Sternenstaub zu Boden gesunken war, so sah man deutlich darunter eine wunderbar geschmiedete Axt liegen, so dass der Tischlerseppel sich schon aufs Aufwachen freute.

"Und der zweite Wunsch?" fragte Hypia, leise flüsternd. "Sag mir," sprach der Tischlerseppel und dachte an ein großes Problem seiner Suche, "kann man denn wirklich mit der Zeit rechnen wie mit den Metern meines Zollstockes? Lass mich wissen, ob man Zeiten mit sich selbst multiplizieren könne, so dass man Quadratsekunden oder gar ..." er erschauerte ein wenig vor dem Gedanken "... Quadrattage herausbekäme, um damit den Lauf der Planeten um die Sonne zu berechnen?"

Die gute Fee Hypia lächelte. "Leichte Aufgaben stellst du mir" flüsterte sie wieder einmal leise in sein Ohr, so dass der Tischlerseppel gleich wieder die Feuchtigkeit dort wegwischen musste, was er ja schon von seiner Gattin Pia kannte. Nur ganz kurz schwang die Fee ihren Zauberstab und nur ganz wenig Sternenstaub rieselte auf den alten Strohsack in der Ecke, blieb aber nicht liegen, sondern rutsche wie eine Schneelawine herunter, so dass man das schmutzige Grau des Sackes wieder sah und der bunte Sternenstaub auf dem Boden mit Schmutz und Stroh interessante Muster bildete. "Natürlich ist es so, sonst könnten wir ja den Auf- und Untergang der Gestirne gar nicht vorherberechnen." sprach die Fee lächelnd und der Tischlerseppel war innig froh, dass er dieses nun sicher wusste.

Er lächelte im Schlaf. "Mein dritter Wunsch ist der wichtigste." rief er aus. "Nenne mir das letzte Stück für den endgültigen Beweis, nach dem ich suche, auf dass ich die Gunst meines Weibes Pia wiedererlange."

Wieder lächelte die Fee, irgendwie hintergründig oder gemein, aber doch auch sehr lieb. "Na endlich!" sagte sie. "Warum hast du damit so lange gewartet?" Und sie hob ihren Zauberstab, und holte aus, Sternenstaub fing an zu knistern und zu klingeln, ...

Jemand stieß den Tischlerseppel grob an. Er war sofort wach und die wilde Bande tanzte um ihn herum. Einer merkte, dass der Tischlerseppel sauer war. "Hast wohl von einer schönen Frau geträumt?" wurde er lachend gefragt und der Tischlerseppel wurde etwas rot. "Komm mit runter in den Schankraum" sagte ein anderer. Ein reicher Kaufmann ist gekommen und er lässt für alle den Wein in Strömen fließen! Komm mit und sei lustig!"

Doch der Tischlerseppel wollte nicht lustig sein. Da lag die Axt neben ihm und ihm waren jetzt auch die Gesetze der Planetenbahnen offenbar. Hätte er doch nur nicht so lange mit dem dritten Wunsch gewartet!

Er schrie und brüllte die vier wilden Männer an, so dass die zusammenzuckten und innehielten mit ihrem Tanzen und Singen.

"WER VON EUCH BILLIGEN KREUZERBUBEN HAT MICH GEWECKT?" brüllte der Tischlerseppel. "Los, sagt es mir!" befahl er mit überschnappender Stimme.

"Ulrich hat's getan." behauptete Gimmemore als erster.

"Nein, ich nicht, Sublimatus hat es getan!" warf Ulrich gleich ein.

Daniel grinste: "Na, ich war es jedenfalls nicht!"

Und Sublimatus behauptete: "Der Ulrich hat gelogen, als er sagte, ich hätte dich geweckt."

Der Tischlerseppel verzweifelte.

"Ts ts ts ts" hörte er da ein leises Flüstern in seinem Ohr. Es war tatsächlich die Fee Hypia, deren Spucketröpfchen seinen Gehörgang befeuchteten. "Sie haben tatsächlich nicht alle gelogen. Genau einer hat die Wahrheit gesagt. Wenn du rausfindest, wer die Wahrheit sagte, und wer dich geweckt hat, dann erscheine ich dir dereinst wieder im Traum und wir sprechen über deinen dritten Wunsch." Die Fee wisperte weiter: "Denk daran, kein Mensch kann beweisen, was du zu beweisen wünschest, nur wir Feen sind in der Lage, die Wahrheit soweit zu verbiegen, deshalb brauchst du mich, und deshalb löse das Rätsel schnell!" Und dann hörte er nur noch ein leises Knistern und das verklingende Klingeln des Sternenstaubes.

Und so sucht der Tischlerseppel auch heute immer noch nach dem letzten Beweis, oder wenigstens nach dem Wissen, welcher von den vier wilden Männern ihn geweckt hat. "Wer weiß es, wer weiß es?" fragt er immer wieder jeden Menschen, den er trifft, obwohl die Frage meistens nicht passt, und er irrt durch den Wald seines Heimatlandes auf der Suche nach der Lösung.

Wer weiß es, wer weiß es? Wer kann dem Tischlerseppel helfen? Wer weiß es, wer weiß es?

 
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